Allgemein

Befreit vernünftige Organisation die Geschäftsleitung von Haftung? OLG Nürnberg zu Vier-Augen-Prinzip und Compliance Management Systemen

Nach der Business Judgment Rule („BJR“) haften Unternehmensorgane nicht, solange ihre Entscheidungen „vernünftig“ vorbereitet und begründet sind und das Unternehmen „vernünftig“ organisiert ist. Organisation ist nicht „alles“, bietet dem Geschäftsleiter aber die Chance, unternehmerisch zu führen, ohne sich in Haftung zu verstricken. Was eine vernünftige Organisation ist, ist zunächst ebenfalls eine unternehmerische Frage. Ein Entscheid des OLG Nürnberg von 2022 macht aber deutlich, dass die Gerichte nicht davor zurückscheuen, organisatorische Standards aufzustellen. Das steht im Einklang mit der wachsenden Neigung des Gesetzgebers, inhaltliche Vorgaben an Unternehmen mit organisatorischen Anweisungen zu flankieren wie z.B. der Entwurf der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) der EU. Dass dies nicht immer überzeugt, zeigt das Urteil des OLG Nürnberg.

[1] OLG Nürnberg, Urt. v. 30.03.2022 – 12 U 1520/19, Rn. 74 ff.; DB 2022, 2153 = NZG 2022, 1058.

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Genuß ohne Reue oder: Entlastet die Zustimmung des Aufsichtsorgans den Geschäftsleiter im Rahmen der Business Judgment Rule?

Hat der Aufsichtsrat oder Beirat eines Unternehmens einer Maßnahme der Geschäftsleitung im Vorfeld zugestimmt und verursacht die Maßnahme später Schaden, so fragen die auf Schadensersatz verklagten Geschäftsleiter in der Praxis immer wieder, ob das Verhalten des Aufsichtsorgans sie nicht entlastet. Jedoch kann sich nach der Rechtsprechung und § 93 Abs. 4 S. 2 AktG ein Gesellschaftsorgan grundsätzlich nicht durch Verweis auf Verfehlungen anderer Organe entlasten. Eine andere Frage ist es aber, ob das Verhalten des Aufsichtsorgans im Rahmen der Business Judgment Rule zu einer Entlastung führen kann, nämlich dann, wenn sich aus dem Verhalten des Aufsichtsorgans ableiten ließe, dass die schadenstiftende Maßnahme „vertretbar“ war. Der nachfolgende Beitrag bejaht die Frage. Sie spielt in vielen D&O-Streitigkeiten eine Rolle, und sie hat Konsequenzen für die Zusammenarbeit zwischen den Organen.

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Verbessern Unternehmensstrafen die Compliance? Empirische Befunde mit verfassungsrechtlichen Konsequenzen

Bekanntlich ist der Unterzeichner der Ansicht, dass die von der Großen Koalition geplanten Unternehmensstrafen die Falschen treffen und die Grundrechte der Aktionäre verletzen (vgl. die gemeinsame Stellungnahme mit Herrn Prof. Strenger und Frau Prof. Redenius-Hövermann gegenüber dem Bundesministerium der Justiz, ZIP 2020, 1160).
Neben den rechtlichen Erwägungen, aus denen sich die Ungeeignetheit und damit Verfassungswidrigkeit des Vorhabens ergibt, beruhen die Überlegungen der Großen Koalition auf veralteten empirischen Prämissen. Dies zeigen die Befunde der neueren empirischen Forschung. Der nachfolgende Beitrag stellt diese Befunde zusammen und verdeutlicht, dass dem Vorhaben die Evidenzbasis fehlt. Dies bestärkt, dass Unternehmenssanktionen die Grundrechte der Anteilseigner verletzen. Eine ausführlichere Darstellung des Themas findet sich bei Reuter, EU Corporate Fines Hit the Wrong and Fail their Purpose, European Criminal Law Review (EuCLR), Jg. 10 (2020), S. 365 ff., DOI: 10.5771/2193-5505-2020-3-365.

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Das Unternehmenssanktionsrecht trifft die Falschen!

Der Beitrag nimmt kritisch zu dem jetzt vorliegenden Entwurf eines Gesetzs zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (VerSanG) Stellung und unterbreitet konkrete Änderungsvorschläge zur Erreichung des erklärten, aber durch den Entwurf nicht erreichbaren Ziels des Gesetzes, die Integrität der Wirtschaft zu stärken. Die kritische Würdigung leitet sich u.a. daraus ab, dass der Gesetzentwurf weder die gesellschafts- und haftungsrechtlichen Regeln, noch die principal-agent-Konflikte bei Rechtsverstößen berücksichtigt. Daher trifft der Entwurf nach Ansicht der Verfasser die Falschen und verfehlt sein Ziel.

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